Im ecuadorianischen Dschungel

16 april 2017 - Lago Agrio Canton, Ecuador

In einem wenig komfortablen Kleinbus verbrachten wir die Nacht. Frühmorgens erreichten wir Lago Agrio, im Nordosten Equadors gelegen. Die warme feuchte Luft liess uns erahnen, dass wir uns nicht mehr in den Anden befanden, sondern auf nur noch 300müM. Nach einer etwas mühsamen Wartezeit in einem schlechten Restaurant brachte uns ein Auto noch weiter nach Osten. Gegen Mittag erreichten wir den Parkeingang am Fluss.
Beim Lunch kristallisierte sich heraus, wer alles zu unserer Gruppe gehörte: Maddie aus dem Baskenland, welche für 3 Monate in Quito englisch unterrichtet; ihre Mutter Anna, welche bei ihr zu Besuch ist; Stephanie aus Brasilien, welche zufälligerweise mit der selben English-teaching-Organisation in Quito arbeitet wie Maddie; Gennaro aus Italien, welcher ein Jahr lang in Quito arbeitet; Jens und Chiara aus Deutschland, welche ihre 4-wöchige Südamerikareise soeben begonnen haben. Und wir. Die hohe Quote von (halb-)Einheimischen hat natürlich einen Grund: Es ist ja das verlängerte Osterwochenende! Wir hätten es beinah vergessen.

Zusammen mit unserem Guide und dem Driver bestiegen wir ein Motorboot. Die Fahrt zur Lodge war traumhaft. Die Sonne schien und wir sausten den Fluss hinunter, links und rechts Bäume mit Lianen und viel Wasser überall. Es ist ja Regenzeit und dieses Jahr war besonders viel Regen gefallen.
Beeindruckend auch der Gedanke, welch weiten Weg dieses Wasser noch vor sich hat! Zwar befinden wir uns im Westen des Kontinents, das Wasser aber durchquert den ganzen Kontinent und strömt nach über 6000km in den Atlantik.
Hin und wieder wies der (weibliche) Guide ins Dickicht, der Driver bremste das Boot und wir probierten das angewiesene Tier zu erspähen. Ein Faultier, Äffchen, Vogel oder eine Schlange, gut versteckt im Grün. Bald stellte sich auch heraus, dass unser "english-speaking Guide" leider weder gerne noch gut englisch spricht. So kostete es uns viel Mühe, einigermassen zu folgen, was sie erzählte und wir waren auf die Übersetzungen unserer Mit-touristen angewiesen.
Nach gut 2 Stunden Bootsfahrt erreichten wir die Lodge. Und hatten Zeit für eine Siesta! Um 17h bestiegen wir erneut das Motorboot und fuhren zur nahegelegenen Lagune, wo wir schwimmen konnten und den Sonnenuntergang bewunderten.

Nach einer wohltuenden Nacht waren wir wieder topfit! Ein Spaziergang durch den Dschungel stand an. Frau Guide erklärte uns die verschiedenen Pflanzen und Bäume. Was es nicht alles gibt! Zum Beispiel ein Baum, dessen Harz aussieht wie Milch und auch ähnlich schmeckt. Oder Termiten, welche die Waldbewohner zerreiben, und als Mückenschutz auf die Haut auftragen. Oder ein Baum, der dank seiner überirdischen Wurzeln mobil ist: er kann neue Wurzeln machen und alte absterben lassen und so Richtung Sonne "wandern". An einer dicken Liane durften wir Tarzan spielen.
Um die Gummistiefel waren wir froh, denn bald lag knietiefes Wasser auf dem Weg! Und auch den Regenponcho mussten wir bald auspacken.

Am Nachmittag gesellten sich drei soeben Angereiste zur Gruppe: Daniel (CH), Lisa (CAN) und Lucy (UK). Erneut fuhren wir zur Lagune, auch wenn die Wolken den Sonnenuntergang verdeckten.
Am Abend suchten wir im Dunkeln mit dem Boot im untiefen Wasser nach Kaimanen. Diese können sich bei Hochwasser allerdings sehr gut verstecken, sodass wir keinen sahen.

Tags darauf fuhren wir zu einer Gemeinschaft von Waldbewohnern. Unterwegs sahen wir Flussdelphine und einige Faultiere.
Bei den Waldbewohnern zeigte uns eine junge Frau, wie sie aus Yucca (eine karottenähnliche Wurzel) traditionelles Brot herstellt. Wir durften Früchte vom Eigenanbau probieren. Wir besuchten einen riesigen Baum. Gemeinsam mit unserem Guide stellten wir Schokolade her. Und natürlich durften wir auch dieses Mal die Kunstwerke der Einheimischen begutachten (und bitte auch kaufen).
Am Nachmittag hiess uns der Dorf-Schamane willkommen. Er erklärte uns seine Aufgaben, seine Kleidung und seine Methoden. Aus Lianen stellt er einen braunen Trank her, welcher ihm hilft, das Unsichtbare zu sehen, zB sieht er Tumoren seines Patienten. Wir durften alle an der Flasche riechen. Das muss ziemlich hartes Zeug sein! Danach behandelte der Schamane Gennaro's Knieschmerzen mit einem Brennesselzweig und "reinigte" Maddie und mich von "schlechter Luft" mit einem Zweig und mit Gesang. Schlussendlich baten wir den Schamanen um einen schönen Sonnenuntergang für heute Abend.
Zurück in der Lodge waren wir müde, aber es ging sogleich weiter zur Lagune, wo wir erneut badeten und tatsächlich einen wunderschönen Sonnenuntergang erlebten.

An diesem Abend fand nach dem Abendessen noch ein Spaziergang statt. Mit unseren Taschenlampe erkundeten wir den nächtlichen Dschungel. Das war, wie im Tourprogramm versprochen, ziemlich "exciting"! Wir sahen Frösche, Spinnen, Grillen, Raupen, riesen Kakerlaken, ein Skorpion und eine Vogelspinne. Die Viecher sollen nur schön bleiben, wo sie sind!

Am Sonntag standen wir früh auf: 5h45 begann das "Bird watching". Das Aufstehen wurde reichlich belohnt. Bereits nach kurzer Fahrt sahen wir aus nächster Nähe ein Kapuzineräffchen. Etwas später verliess das Boot plötzlich den Fluss und bog ins überflutete Gebüsch ein. "Da ist doch kein Durchkommen", dachten wir, aber noch bevor wir weiterdenken konnten, mussten wir uns bücken vor den niedrigen Ästen. Bald entschieden wir auf dem Bootsboden zu sitzen statt auf dem Stuhl, so viele Äste sausten knapp über dem Bootsrand vorbei. Dann lag ein Baumstamm quer vor uns im untiefen Wasser. Auch dies war unserem Driver kein Hindernis: erst viel Gas geben, und dann halt mal kurz den Motor aus dem Wasser ziehen damit dieser nicht beschädigt.
Die Lagune, die wir dank dieser abenteuerlichen Fahrt erreichten, war wunderschön. Tatsächlich gab es viele Vögel, Kolibris, Papageien, Reiher und andere. Wie der Driver den Weg zurück wieder finden konnte ist uns allen ein Rätsel, aber 45min später sassen wir am Frühstückstisch.
Den Rest des Tages verbrachten wir mit der Rückreise: Motorboot und Auto nach Lago Agrio, wo wir den nächsten Bus nach Quito nahmen.

In Quito werden wir zwei Tage Zeit haben um uns auszuruhen, die Wäsche zu waschen, und uns fürs Galapagos-Abenteuer vorzubereiten.
Am 18. ist ein Wiedersehen mit der Reisegruppe geplant, wohl mit Maddie, Gennaro, Stephanie, Daniel, Lisa und Lucy. Doch noch eine kleine Geburtstagsparty! ;)

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